Genuss: Zwischen Essen und Rausch

Genuss ist ein weites Spektrum, das aber weder an einem Bereich ankommt, wo man frisst und sich vor Freude nicht mäßigen kann, noch im Bereich der Obsession.

Etymologisch hat das Wort Genuss/Genießen ihr Wurzeln in das Nützliche, also ein weiter gehenden Begriff. Den Satz, „ich habe eine gute Erziehung genossen“ beleuchtet dies. Heute wird den Begriff eher mit Lust in Verbindung gebracht, ein Lust-Nutzen, wenn man so will.

In Sachen Gastronomie ist Genuss eine Linie, ein Bereich zwischen dem Essen und Rausch. Innerhalb diesem Bereich befinden sich zwei Impulse. Ein Impuls erdet, konkretisiert, packt an, tastet, ja, kalkuliert, ist physischer Natur. Der andere Impuls erhebt, mystifiziert in etwa das Kalkulierte, ist eine Frage des sinnlich geistigen Aspekts beim Konsumieren. „Die Tiere fressen, der Mensch isst, der Mann von Geist versteht die Kunst zu essen.“ So Jean Anthèlme Brillat-Savarin in ‚Die Physiologie des Geschmacks oder Betrachtungen über das höhere Tafelvergnügen‘. Und wenn wir schon bei Physiologie und Geschmack angelangt sind und von Geist, Verstehen und Kunst die Rede ist, wie viel Kultur und wie viel Natur stecken im Genuss?

Es erscheint mir fast so, als wollte die Natur selbst uns zum Genuss zwingen oder zumindest mahnen, als wenn sie uns das Genießen lehren wollte, manches mal sogar aufzwingen, indem sie gezielt im Genuss-, sowie Lebensmitteln unterschiedliche Drogen hineinsteckt oder entstehen lässt, die uns zur Mäßigung zwingen – Tee, Kakao, Wein, Tabak, Kaffee, um nur ein paar der Üblichen zu nennen. Koffein zwingt uns oft zur Mäßigung, Alkohol betäubt uns zur Mäßigung.

Im Genuss werden wir immer wieder zum Verweilen eingeladen. Im Jetzt, in Geschehnisse und Erfahrungen wach zu verweilen. Und dieses Verweilen scheint wirkungsvoll auf einen Glück im Sein zu deuten.

Aristippos von Kyrene gründete eine der kleine sokratische Schulen, die Kyrenaische Schule. Diese lehrte die frühere Form des Hedonismus, Lust mit bewusster Selbstherrschung, zur Erhebung des Geistes. Das Erhöhen der Lust durch Konzentration auf tatsächlich notwendige Bedürfnisse, wie Nährung, Atmen, Bewegung, Lieben, Freundschaft…
Sie meinte sogar, nicht Glück, sondern Genuss sei das Größte, wobei Genuss als etwas Individuelles definiert wird bzw. geschätzt, Glück dagegen als die Gesamtheit individueller Genüsse angesehen.

Genießen Sie Ihren Kaffee!

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