Extrovertierter und introvertierter Espresso

Es ist schon länger her – als ich ein kleiner Raum und ein guter Kaffee genoß – dass ich daran erinnert wurde, Extravaganz und Simplizität sind in ihrem Ausdruck nicht verwandt, doch in ihrem Inhalt nicht zwangsläufig unterschiedlich, manchmal sogar gar nicht von einander zu unterscheiden. Heute möchte ich diesbezüglich vom introvertierten und extrovertierten Weg zum Espresso reden.

Gegen Mitte des 19. Jahrhundert hatten die Franzosen bereits die Espresso-Idee gehabt. Beispiele wurden zur vierten Weltausstellung 1855 in Paris gezeigt. Doch erst fünfzig Jahre später machten Desiderio Pavoni und Luigi Bezzera der Auftritt der ersten kommerziellen Espressomaschine möglich. Diese wurde mit ihrer Ausstellung auf der Mailändischen Internationalen Messe im Jahr 1906 in den Markt eingeführt.

Heute gilt ein Espresso bzw. ein Kaffee aus einer ‚Espresso-Maschine‘ extrahiert als wertvollster und feinster Kaffeegetränk. In ihrer sonderliche Wirkung, ihren Geschmack und ihrer Qualität bezüglich ihrer chemischen Zusammensetzung, eine Espresso Extraktion weist Zügen aus, die ihn als der beliebteste Kaffee der Welt gemacht haben – sei es pur, oder als Basis für weitere Spitzengetränke.

Es heißt ‚Espresso‘ und nicht nur wegen ihren Namen gilt er als typisch Italienisch. Kulturell und technologisch haben die Italiener wie kein andere dieses Produkt geprägt und entwickelt. Ihre Maschinen gelten für Vielen qualitativ als Nummer eins und in ihrer Quantität auf dem Markt dürften sie weltweit auch Nummer eins sein.

Es waren Nordamerikaner, die für die jetzige ‚Latte Art‘ Euphorie gesorgt haben, doch die Idee entstand in Italien. Mit anderen Worten, Italien trägt geschichtlich und praktisch wesentlich zu das, was man heute in der Welt als Kaffeegenuss versteht. Und vielleicht sind diese Geschichte und die italienische Gelassenheit, die zur Leichtigkeit der Italiener in Umgang mit Kaffee beitragen, was ich der introvertierte Umgang nenne. Es herrscht viel Können, Erfahrung und gezielte Entscheidungen, wenn ein italienischer Barista arbeitet. Doch neulich fragte ich der Eine in diesem vorher erwähnten kleinen Raum, ob er von der Welle der extreme Baristi was gehört hätte, die viel mehr Kaffeemehl verwenden, als nur 7gm pro Espresso – mal das doppelte, mal das drei Fache -, die genau messen, mit wie viel Druck das Mehl gedrückt wird und die unterschiedliche Kontinente besuchen, um an Barista-Wettbewerbe Teil zu nehmen, da schaute er mich höchst verwundert an und wusste nicht, wovon ich sprach.

Seit Monaten hatte ich mir vorgenommen, dieses Café, als einen Besuch wert im Berliner Espressolandschaft vorzustellen. So ging ich vorbei und anschließend besuchte ich Godshot. Beim Italiener bestellte ich ein Ristretto und bei Gotshot – etwa 1 Stunden später – ein Espresso, nicht wissend, dass er eher ein Ristretto machen würde. Die Idee, vom extrovertierten und introvertierten Espresso Weg zu sprechen war etwa in der Moment geboren, als ich am Geschmack zwischen beide Getränke kein Unterschied nachempfinden konnte.

Mir gefällt das!

Man kann in zwei sehr verschiedene Orte ein Getränk bestellen und fast sicher sein, man wird in Beiden glücklich trinken. Bei der Eine wird nur im Mund zelebriert und bei der anderen wird man im ganzen Raum mit Espresso als Konzept angesprochen.

Mal will man es theatralisch haben.

Mal simpel.

Immer gut!

Ein Gedanke zu „Extrovertierter und introvertierter Espresso

  1. […] des Respekts gegenüber Kaffee und womöglich als ehrlichstes Zeichen angesehen werden. Mit „Extrovertierter und introvertierte Espresso“ dachte ich deutlich erkannt zu haben, dass ein „einfacher“ – obwohl stolzer […]

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